Freiflächen rechts und links der Straßen und Verkehrswege in Deutschland werden zunehmend als Standorte für Solarparks genutzt. Inwieweit sie zugleich noch als Natur- und Lebensräume dienen können und dazu, bestehende Lebensräume miteinander zu verbinden, soll in diesem Projekt erforscht werden. Auch eine mögliche Barrierewirkung und andere Konfliktpotenziale sollen untersucht werden, um die Planung künftiger Anlagen im Einklang mit dem Naturschutz zu unterstützen.
Ziel des Projektes ist es, die Möglichkeiten und Konfliktpotenziale verschiedener bereits bestehender Photovoltaik-Freiflächenanlagen an überörtlichen Verkehrswegen im Hinblick auf die Vernetzung von Lebensräumen zu untersuchen. Sind Photovoltaik-Freiflächenanlagen (PV-FFA) als Lebensräume geeignet? Welche Bedeutung haben sie im Hinblick auf die Durchlässigkeit der Landschaft für verschiedene überwiegend terrestrisch lebende Arten und tierökologische Anspruchstypen? In fünf Arbeitspaketen wird dazu eine Planungshilfe erarbeitet.
Zunächst wird der derzeitige Ausbauzustand von PV-FFA Anlagen mithilfe einer GIS-Analyse quantifiziert und räumlich dargestellt. Auf diese Weise können z.B. bisherige Flächenverluste des Naturschutzes und regionale Ausbauschwerpunkte bilanziert werden.
Im nächsten Arbeitsschritt werden dann die gängigen PV-Anlagentypen charakterisiert und relevante Wirkfaktoren/-bereiche sowie deren mögliche positive sowie auch negative Auswirkungen für die Wiedervernetzung von Lebensräumen an Straßen ermittelt.
Die im dritten Schritt durchgeführten indikatorengestützten Felduntersuchungen zeigen das Vernetzungspotenzial bzw. den Raumwiderstand ausgewählter PV-FFA auf. Hierbei werden primär die anlagebedingten Wirkfaktoren wie z.B. Einzäunung, Nutzung, Vegetationsstruktur der Flächen oder die Überdeckung von Boden durch die Solarmodule erfasst und soweit möglich quantitativ oder qualitativ beschrieben.
Die Ergebnisse dieser Analyse werden dann im vierten Arbeitspaket auf der Grundlage verschiedener tierökologischer Anspruchstypen (Mobilität, Raumanspruch, Habitatbindung) bewertet.
Im letzten, fünften Arbeitsschritt werden aus den gewonnen Erkenntnissen konkrete Handlungsempfehlungen abgeleitet. Diese sollen als Planungshilfen, z.B. für die Standortplanung, praktisch genutzt werden können.
Mit Hilfe von Luftbildern wurden deutschlandweit Photovoltaik-Freiflächenanlagen (PV-FFA) an Autobahnen und Schienenwegen ermittelt und hinsichtlich ihrer räumlichen Lage klassifiziert. Es wurden Überschneidungen mit Schutzgebieten und mit den Lebensraumnetzen für Wälder, Großsäuger sowie trockene und feuchte Offenlandlebensräume analysiert und mögliche Konsequenzen aus Sicht der Biotopvernetzung abgeleitet.
Insgesamt wurden 455 Anlagen ermittelt. Die durchschnittliche Flächengröße der PV-FFA betrug 6,85 ha. 45 % der Anlagen lagen in Bayern, wo sich besonders kleine Anlagen mit ca. 5 ha fanden. In Brandenburg hingegen wurden wenige große Anlagen mit durchschnittlich 17 ha Flächengröße ermittelt. 251 Anlagen (55 %) wiesen einen Minimalabstand von weniger als 50 m zum Trassenverlauf auf. In der Umgebung (1000 m-Radius) von 152 Anlagen wurden FFH-Gebiete, bei 86 Anlagen Vogelschutzgebiete (SPA) und bei 57 Anlagen Naturschutzgebiete festgestellt. Der Großteil der Anlagen (93 %) zeigte zudem Raumzusammenhänge mit funktional bedeutsamen Flächen der Lebensraumnetze (UFR, FBV, Biotopverbundachsen). Die meisten Überschneidungen ergaben sich bei den Feuchtlebensräumen (362 Anlagen). Im Mittelgebirgsbereich fanden sich zahlreiche PV-FFA, in deren Umgebung Flächen der Waldlebensraumnetze und der Lebensraumnetze für Großsäuger lagen. Etwa 40 % der PV-FFA befanden sich zudem im Bereich von Lebensraumnetzen trockener Offenlandstandorte.
Die möglichen Wirkungen von PV-FFA auf die Biotopvernetzung müssen im raumkonkreten Zusammenhang und in Abhängigkeit vom ökologischen Anspruchstyp bewertet werden. Konflikte könnten durch Barriereeffekte (Zäune) oder Flächenkonkurrenzen entstehen. Andererseits könnten PV-FFA als vergleichsweise extensiv genutzte Flächen einen positiven Beitrag als Verbundstruktur für Offenlandarten leisten.
Projektleitung
Leibniz Universität Hannover
Institut für Umweltplanung
Herrenhäuser Straße 2, 30419 Hannover
Prof. Dr. Michael Reich
Tel: 0511/762-4442
reich(at) umwelt.uni-hannover.de
Fördergeber
Bundesamt für Naturschutz
FG II 4.2
Alte Messe 6, 04013 Leipzig
Marita Böttcher
Tel: 0341/30977-141
Marita.Böttcher@bfn.de
07.11.2024
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06.11.2024
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16.07.2024
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