Windenergieanlagen bedeuten eine mögliche Gefahr für wandernde Fledermäuse. Doch ihre Flugrouten sind weitgehend unbekannt und können daher bei der Planung nicht berücksichtigt werden. Diese Pilotstudie wertet verfügbare Daten in Bezug auf jahreszeitliches Auftreten aus, beurteilt Untersuchungsmethoden zur Erforschung der Migration und liefert Ergebnisse aus Freilandstudien von Großem Abendsegler und Rauhautfledermaus. Das Vorhaben ist bereits abgeschlossen. Feste Zugkorridore für Fledermäuse konnten in diesem Rahmen nicht nachgewiesen werden.
Auch Fledermäuse wandern über weite Strecken und könnten unterwegs durch Windenergieanlagen in Gefahr geraten. Vor diesem Hintergrund untersucht dieses Forschungsvorhaben das Zugverhalten der Fledermäuse anhand nachfolgender Fragestellungen:
In den phänologischen Analysen wurde die räumlich-zeitliche Verteilung der vier weit ziehenden Arten über einen ca. 1.000 km überspannenden Raum (Deutschland, Schweiz, Österreich) im Jahresverlauf plakativ visualisiert. Der Raum repräsentiert einen guten Anteil des mitteleuropäischen Migrationsgebietes. Fast 70.000 Beobachtungsdaten an fast 20.000 Fundorten wurden aus Literatur, Datenbanken der Fledermaus-Koordinationsstellen, Naturkundemuseen, Beringungszentralen, Naturschutzämtern und -organisationen, der Schweizer Stiftung Fledermausschutz und weiteren Experten zusammengetragen, analysiert und in UTM-Rasterkarten in Abschnitten zu je zehn Tagen aufgetragen.
Mit einem akustischen Transekt entlang des Kammes des Thüringer Waldes sowie in der vorgelagerten Ebene untersuchte das Projektteam an zwölf Standorten die Flugaktivität von Rauhautfledermaus und Großem Abendsegler über mehrere Wochen in einer Frühjahrs- und Herbstzugphase mit Hilfe automatischer Rufaufzeichnung hinsichtlich der Fragen:
Im Zusammenhang mit Fledermauswanderungen wurde auch erstmalig die Funktionalität lichtempfindlicher Geodatenlogger (geolocator) an drei Fledermausarten getestet. Dabei ging es um folgende Leitfragen:
Dazu wurden zwei Loggertypen mit unterschiedlicher Lichtempfindlichkeit in Kurzzeittests und der lichtstärkere Typ zusätzlich in einem Langzeittest unter Einsatz eines speziell entwickelten Halsbandes am Tier im Freiland getestet.
Die Telemetrie war so konzipiert, dass zu Beginn der Frühjahrsmigration des Großen Abendseglers möglichst lückenlos und über einen möglichst langen Zeitraum Datenpunkte zu Aufenthaltsorten gesammelt wurden. Auf diesem Weg konnten Erkenntnisse über den genau beflogenen Weg und eventuelle Umwege während des Beginns der Migration gesammelt werden. Startpunkt war ein Überwinterungsgebiet in der Nordschweiz. Die wesentlichen Leitfragen hießen:
Ergänzend gaben Isotopenanalysen aus Fellproben von fast 100 Individuen Aufschluss über die Herkunft der Nordschweizer Winterpopulation.
Migration von N. leisleri und P. nathusii verläuft gerichtet über eine große Entfernung. Die Populationsverschiebung von N. noctula ist dagegen wenig ausgeprägt. Eine gestaffelte Verschiebung von Teilpopulationen, die in den Daten nicht erkennbar sind, könnte größere Bewegungen kaschieren. Das Migrationsmuster von V. murinus ist komplexer als angenommen; der Datenumfang zu dieser Art ist noch zu gering.
An 12 Aufnahmestandorten traten die Arten zum Frühjahrs- und Herbstzug auf, wobei im Frühjahr überall für N. noctula und P. nathusii zwei Peaks erkennbar waren. Einzelne identifizierbare Zugnächte sind in allen Gebieten synchron.
Ziehende Fledermäuse meiden Gebirge nicht. Einzelne Talzüge spielen keine markante Rolle, bestimmte Habitate oder Geländestrukturen wurden nicht präferiert. Aktivitäten in den drei Mittelgebirgstälern ähnelten sich und stammten fast nur vom Zuggeschehen. Die hohe Aktivität am Vergleichsstandort (Ebene) speiste sich wahrscheinlich auch aus Nahrungs- und Quartiersuche in Rastgebieten und der herbstlichen Paarung.
Kurzzeitversuch: Für N. noctula kann bereits ein lichtschwacher Chips eingesetzt werden, für N. leisleri und P. nathusii muss ein lichtstärkerer Typ verwendet werden. Ein Langzeitversuch blieb bisher erfolglos.
Abwanderung der Abendseglerweibchen aus dem Überwinterungsgebiet fand 2013 zwischen Anfang Mai und Mitte Juni statt, 2014 fast am selben Tag. In zwei Jahren flogen die Tiere in verschiedenen Richtungen zwischen Nordost bis Ost ab. Die tatsächlich geflogene Route der ersten Hälfte der ersten Migrationsnacht wurde für zwei Tiere relativ genau dokumentiert: Ein Tier bewegte sich in zahlreichen Schleifen und "Umwegen" fort und verlängerte damit die tatsächlich geflogene Strecke. Der zurückgelegte Migrationsweg ist also möglicherweise deutlich länger im Vergleich zur direkten Linie Winterquartier-Wochenstube. "Umwege" lassen sich z.B. durch die Suche nach Nahrung erklären.
BfN-Skripten 453 (2017)
Die Ergebnisse des Vorhabens können Anwendung in der Planung finden. Insbesondere mit Bezug auf die Windenergie sollten folgende Ergebnisse berücksichtigt werden:
Projektleitung
PAN Planungsbüro für angewandten Naturschutz GmbH
Rosenkavalierplatz 8
81925 München
Dr. Angelika Meschede
Tel: 089/1228569-0
angelika.meschede(at) gmail.com
Projektpartner
NACHTaktivBiologen für Fledermauskunde GbR
Häßlerstraße 99
99099 Erfurt
Inken Karst, Wigbert Schorcht & Martin Biedermann
anfrage(at) nachtaktiv-biologen.de
www.nacht-aktiv.net
SWILD Stadtökologie, Wildtierforschung, Kommunikation
Wuhrstrasse 12
CH-8003 Zürich
Dr. Fabio Bontadina
Tel: +44 (0) 450 68 05 / 06
fabio.bontadina(at) swild.ch
www.swild.ch
Museum für Naturkunde Berlin – Leibniz-Institut für Evolutions- und Biodiversitätsforschung
Invalidenstr. 43
10115 Berlin
PD Dr. Frieder Mayer
Tel: 030/2093-8702
Frieder.Mayer(at) mfn-berlin.de
Koordinationsstelle für Fledermausschutz in Nordbayern
Lehrstuhl für Tierphysiologie
Universität Erlangen
Staudtstraße 5
91058 Erlangen
Matthias Hammer
Tel: 09131/852-8788
mhammer(at) biologie.uni-erlangen.de
Koordinationsstelle für Fledermausschutz in Südbayern
Hermann-Löns-Straße 4
84478 Waldkraiburg
Dr. Andreas Zahn
Tel: 08638/86117
Andreas.Zahn(at) iiv.de
KFFÖ Koordinationsstelle für Fledermausschutz und -forschung in Österreich
Fritz-Störk-Straße 13
A-4060 Leonding
Dr. Guido Reiter
Tel: +43 (0) 676 7530634
Guido.Reiter(at) fledermausschutz.at
Fördergeber
Bundesamt für Naturschutz
FG II 1.1 Zoologischer Artenschutz
Konstantinstr. 110
53179 Bonn
Sekretariat-II-1(at) BfN.de
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06.11.2024
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