Die technische Entwicklung in der Windkraftbranche schreitet stetig mit immer neuen Anlagentypen voran. Daher muss auch die Konfliktträchtigkeit für den Naturschutz fortlaufend neu bewertet werden. Die Gefährdung von windkraftsensiblen Vögeln und Fledermäusen hängt maßgeblich von der Wahl des Standortes der Anlagen ab. Wie das Konfliktpotenzial mit weiter zunehmender Anlagenhöhe bzw. auch mit abnehmender Anlagenhöhe und zunehmender Rotorfläche einzuschätzen ist, ist noch nicht ausreichend beschrieben. Vor diesem Hintergrund soll das Vorhaben die potenzielle Gefährdung in Verbindung mit den zur Verfügung stehenden Vermeidungsmaßnahmen analysieren und Handlungsoptionen aufzeigen. Grundlage ist eine bundeweite Recherchearbeit und Informationsbeschaffung.
Während der durchschnittliche Rotordurchmesser von Windenergieanlagen in Deutschland immer weiter zunimmt, können gleichzeitig verschiedene Turm- und Leistungskonfigurationen konzipiert werden. Je nach gewählter Anlagenkonfiguration kann der Abstand zwischen Rotorspitze und Vegetation gering ausfallen. Gleichzeitig drängen vermehrt Kleinwindenergieanlagen auf den Markt. Somit variiert je nach Anlagentyp die Einflussnahme in die Aktivitätsräume vieler Vogel- und Fledermausarten, was das allgemeine Kollisionsrisiko verändern kann.
Im Rahmen des Vorhabens spielen nachfolgende Fragestellungen eine wesentliche Rolle:
- Erfassungsmöglichkeiten angesichts großer Rotordurchmesser
Seit etwa 2010 hat der durchschnittliche Durchmesser der Rotoren in Deutschland kontinuierlich zugenommen und lag bei 118 Metern. Hinsichtlich der Artenerfassungen ergeben sich technische Grenzen bzw. neue Herausforderungen. Es ist z. B. fraglich, ob die Reichweite der Detektoren zur Erfassung von Fledermäusen in der Gondel, den gesamten überstrichenen Rotorbereich abdecken kann. Damit bestünde die Gefahr, besonders gefährdeten und geschützten Arten keinen ausreichenden Schutz (mehr) zu ermöglichen. Im Rahmen des Projekts soll daher ermittelt werden, ob die Datenerfassung an den Anlagentypen der neueren Generationen ausreichend ist, um die tatsächliche Fledermausaktivität ermitteln zu können. - Gefährdungssituation durch höhere Anlagen
Die durchschnittliche Nabenhöhe hat in Deutschland ebenfalls kontinuierlich zugenommen und betrug 2018 132 Meter. Windkraftanlagen können inzwischen eine Gesamthöhe von 240 Metern erreichen und werden nicht mehr nur im Offenland, sondern auch im Wald platziert. Mit dieser zunehmenden Gesamthöhe der Windkraftanlagen ist eine Veränderung der Gefährdungssituation insbesondere für wandernde Fledermaus- und Vogelarten wahrscheinlich, die es im Rahmen des Projekts darzustellen gilt. - Gefährdungssituation durch geringen unteren Rotordurchlauf
Inzwischen gibt es auf dem Markt Windkraftanlagen für Stark- und Schwachwindstandorte. Hierbei kann je nach gewählter Anlagenkonfiguration der Abstand zwischen Rotorspitze und Vegetation sehr gering ausfallen, teilweise lediglich 11 Meter. Wissenschaftliche Erkenntnisse zu Aktivitätsräumen von Vögeln und Fledermäusen legen nahe, dass kleiner werdende Abstände zwischen Rotorspitze und Erdoberfläche verstärkt den Hauptaktivitätsraum vieler Vogel- und Fledermausarten überschneiden, wodurch deren Kollisionsrisiko möglicherweise deutlich erhöht ist. Inwiefern dies der Fall ist, gilt es im Rahmen des Projekts zu ermitteln. - Kleinwindenergieanlagen in der Stadt
Trotz der geringen Leistungsfähigkeit spielen Kleinwindenergieanlagen konzeptionell im Rahmen klimaneutraler Stadtentwicklungen vermehrt eine Rolle. Es gibt eine Vielzahl an Herstellern und technischen Systemen. Auf der anderen Seite fehlen jedoch bisher Studien, die das von Kleinwindenergieanlagen ausgehende Gefährdungsrisiko für Vögel und Fledermäuse in der Stadt untersucht haben, so dass das Vorhaben Erkenntnisse dazu liefern soll.
Ziele der Studie:
- Bundesweite Recherche zu regionalplanerischen und beispielhaft zu baurechtlichen Festsetzungen, wie z. B. Höhenbegrenzungen.
- Erarbeitung von möglichen Gefährdungsursachen hinsichtlich der neuen Anlagentypen hinsichtlich Rotordurchmesser, Gesamthöhe (Nabenhöhe) und geringerem unteren Rotordurchlauf.
- Recherche von zwei bis fünf (anonymisiert aufgearbeiteten) Fallbeispielen zu installierten Schwach- und Starkwindanlagen der neueren Generationen und deren Berücksichtigung von artenschutzrechtlichen Anforderungen (Tötungsverbot nach § 44 (1) Nr.1).
- Wie sehen hinsichtlich von Kleinwindenergieanlagen z. B. in den Stadtstaaten mögliche Ausbaustrategien aus? Das etwaige Konfliktpotenzial auf Naturschutzseite soll daher ermittelt werden und beispielhaft an einem konkreten Beispiel dargestellt werden. Dabei soll eine Ideenskizze zur Bestimmung des Kollisionsrisikos für Vögel und Fledermäuse bei niedrigen Windenergieanlagen und gebäudemontierten Kleinwindenergieanlagen einschließlich Recherche potenzieller Untersuchungsstandorte und Kooperationspartner zusammengetragen werden.
- Formulierung des Handlungsbedarfs für das BfN anhand der zusammengetragenen Erkenntnisse.
Vorgehen
Im Rahmen des Vorhabens sollen in enger Abstimmung mit dem BfN neue Entwicklungen recherchiert werden, welche in Folge dargestellt und aus Naturschutzsicht bewertet werden. Dazu ist es notwendig, Informationen aus den Bundesländern zu beschaffen, u. a. was Planungsunterlagen, Publikationen sowie erste Erkenntnisse betrifft. Die Ergebnisse sowie offene Fragen sollen mit Experten (u. a. Vogelschutzwarten) erörtert und in Folge dargestellt werden.